Erststudium steuerlich absetzbar – Sind die Kosten der Erstausbildung/des Erststudiums Werbungskosten und damit von der Steuer absetzbar? Darüber wird heftig gestritten. Der Bundesfinanzhof legte diese Frage jetzt dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Für hunderttausende junge Menschen geht es um viel Geld.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden

    • Die Kosten für die Erstausbildung können nur als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Das Gericht hat einen entsprechenden Beschluss am 10.1.2020 veröffentlicht.
    • Mehr zum Thema Erstausbildung

Es ist ein Hin und Her: Der Gesetzgeber verneint eindeutig die Frage, ob das Erststudium steuerlich absetzbar ist. Die Kosten, die durch die erste Berufsausbildung/das erste Studium entstehen, dürften grundsätzlich nicht von der Steuer als Werbungskosten nur als Sonderausgaben abgesetzt werden, heißt es. Ende September erst hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf verabschiedet, der diese Haltung noch einmal eindeutig darstellt. *)

Erststudium steuerlich absetzbar

Erststudium steuerlich absetzbar – Bild: contrastwerkstatt – fotolia.com

Ist das Erststudium steuerlich absetzbar? Das sagt der Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof vertritt eine andere Auffassung. Die Münchner Richter argumentieren: Aufwendungen für die Ausbildung zu einem Beruf seien als notwendige Voraussetzung für eine nachfolgende Berufstätigkeit beruflich veranlasst und demgemäß auch als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Denn sie dienten der Erzielung einkommensteuerpflichtiger Einkünfte. Nach ihrer Ansicht verstößt der Ausschluss des Werbungskostenabzugs gegen das aus dem Grundgesetz (Art. 3 Abs. 1 GG) abgeleitete verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und sei auch nicht mit Vereinfachung und Typisierung zu rechtfertigen.

Mit dieser Begründung rief der Bundesfinanzhof das Bundesverfassungsgericht an, wie das Gericht jetzt mitteilte. Der BFH kritisierte in seiner weiteren Begründung auch den Gesetzgeber: Berufsausbildungskosten stellten schließlich auch keine beliebige Einkommensverwendung dar, sondern gehörten zum zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG nicht zur beliebigen Disposition des Gesetzgebers stehe, so der BFH.

Diese Aufwendungen seien deshalb, jedenfalls unter dem Aspekt der Existenzsicherung einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen. Dem werde nicht entsprochen, wenn für solche Aufwendungen lediglich ein Sonderausgabenabzug in Höhe von 4.000 €/6.000 € in Betracht komme. Denn der Sonderausgabenabzug bleibe bei Auszubildenden und Studenten nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil gerade sie typischerweise in den Zeiträumen, in denen ihnen Berufsausbildungskosten entstünden, noch keine eigenen Einkünfte erzielten. Der Sonderausgabenabzug gehe daher ins Leere. Denn er berechtige im Gegensatz zum Werbungskostenabzug auch nicht zu Verlustfeststellungen, die mit späteren Einkünften verrechnet werden könnten, erklärte der BFH.

Was bringt das, wenn das Erststudium steuerlich absetzbar ist?

Mögliche Folge für Auszubildende/Studenten in der Erstausbildung: Ausbildungskosten können als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden, und zwar in vollem Umfang. Dazu zählen Ausbildungs-Gebühren, Fahrtkosten, Wohnungskosten (bei zweitem Wohnsitz), Verpflegungskosten etc.. All diese Ausgaben müssen belegt werden. Die Kosten können als „Verlustvortrag“ beim Finanzamt geltend gemacht werden. Sobald der Auszubildende/Student in seinem Beruf Geld verdient und Steuern zahlt, werden diese Ausgaben mit der Steuer verrechnet.

Allerdings bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Und dann muss sich noch zeigen, wie sich der Gesetzgeber verhält.

Unser Rat: Studenten bzw. Auszubildende in der Erstausbildung sollten alle wesentlichen Belege sammeln und den „Verlustvortrag“ beim ihrem Finanzamt beantragen. Der Hinweis auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren darf nicht fehlen.

Unterstützung zu dieser wichtigen aber komplexen Thematik erhalten Auszubildende/Studenten natürlich auch bei Lohnsteuerhilfevereinen.

 

*) Erststudium steuerlich absetzbar – aus dem Einkommensteuergesetz (§ 9 Absatz 6 EStG):

1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. 2Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. 3Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird. 4Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. 5Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat.“

Neben der Frage ist das Erststudium steuerlich absetzbar lesen Sie weitere steuerlich relevante Aspekte für Studenten in den Steuernews der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V.:

So können Studenten Steuern sparen
Studentenbude absetzen
Kann man als Student die Miete von der Steuer absetzen – Auch dann, wenn die Eltern die Miete vorstrecken

 

Erststudium steuerlich absetzbar – Verfassungsgericht muss entscheiden ultima modifica: 2020-01-13T10:03:04+01:00 da Redaktion LSTHV