Fahrtkosten für Leiharbeiter – Zeitarbeitnehmer, die „bis auf weiteres“ bei einem Entleiher eingesetzt werden, können trotzdem ihre Fahrten als Dienstreisekosten absetzen. Dies entschied das Finanzgericht Niedersachsen (Az.: 9 K 130/16). „Das bedeutet für viele Zeitarbeitnehmer eine deutliche Steuerentlastung“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Mit dem Finanzgericht Niedersachsen hat sich endlich ein Gericht mit dieser für Leiharbeitnehmer wichtigen Thematik beschäftigt.“
Fahrtkosten für Leiharbeiter als Dienstreisekosten absetzen
„Viele Zeitarbeitnehmer werden „bis auf weiteres“ bei einem Entleiher eingesetzt. Das kann sogar über viele Monate oder auch mehrere Jahre hinweg so gehen. Statt der Entfernungspauschale können sie nunmehr die tatsächlich gefahrenen Kilometer, also auch die Rückfahrt, sowie eine Verpflegungspauschale ansetzen“, unterstreicht Bernd Werner: „Das ist für viele Leiharbeitnehmer eine satte Steuerersparnis.“
Voraussetzung dafür, dass die Fahrtkosten für Leiharbeiter als Dienstreisekosten abgesetzt werden können: Der Zeitarbeitnehmer muss einen Vertrag haben, der eine bestimmte Regelung enthält. Er muss mit einer jederzeitigen Umsetzung bzw. Versetzung – bundesweit – einverstanden sein. Eine Regelung, die üblich für die Branche ist.
In dem konkreten Streitfall hatte ein Helfer, der bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt war, geklagt. Sein Einsatz bei einem Entleiher war von 2012 bis 2015 immer wieder verlängert worden. Im Streitjahr 2014 war er das ganze Jahr über dort tätig gewesen. Der Kläger hatte für 2014 seine Fahrten zwischen Wohnung und Entleihbetrieb als Werbungskosten geltend gemacht: Hin- und Rückfahrt mit 0,30 Euro je Kilometer abgesetzt: 209 Fahrten mal 2 (Hin- und Rückfahrt) mal 64 km (je Strecke) mal 0,30 Euro (je km). Gesamtsumme für 2014: 8.025,60 Euro.
Das Finanzamt lehnte die Werbungskosten ab und erkannte nur die Entfernungspauschale an, also die Hälfte der Ausgaben: 4.012,80 Euro.
Das Finanzamt argumentierte mit dem seit 2014 geltenden „neuen Reisekostenrecht“. Dies definiert die „erste Tätigkeitsstätte“. Für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte kann nur die „Entfernungspauschale“ abgerechnet werden. In dem konkreten Fall erklärte die Finanzbehörde: Der Leiharbeitnehmer sei in 2014 „dauerhaft“ der Entleihfirma zugeordnet gewesen. Deshalb handele es sich um die erste Tätigkeitsstätte. Folglich könne nur die Entfernungspauschale von der Steuer abgesetzt werden.
Fahrtkosten für Leiharbeiter und “erste Tätigkeitsstätte”
“Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung im Sinne des Satzes 1 wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. (…)”
Bei dem Arbeitsplatz des Klägers handele es sich jedoch nicht um die “erste Tätigkeitsstätte”, so das Finanzgericht. Es hob die Entscheidung des Finanzamtes auf und gab dem Leiharbeiter Recht. Nach Auffassung der Richter hätte der Zeitarbeitnehmer jederzeit mit seiner Umsetzung bzw. Versetzung rechnen müssen. Deshalb könne es sich nicht um eine dauerhafte Zuordnung zu dem Entleihbetrieb handeln.
Mehr noch: Aufgrund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung sei bereits aus Rechtsgründen bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar, heißt es in einer Presseerklärung des Gerichtes: „Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist nur eine vorrübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig.“
Die Sache muss nun vor dem Bundesfinanzhof endgültig geklärt werden (Az.: VI R 6/17).
„Wichtig ist noch, dass die Entsendung eines Zeitarbeitnehmers ohne Verlängerung nicht länger als 48 Monate andauern darf“, ergänzt Bernd Werner.
Fahrtkosten für Leiharbeiter – Das können Leiharbeitnehmer jetzt tun
Betroffene sollten bei der Steuererklärung 2016 folgendermaßen vorgehen: Setzen Sie als Fahrtkosten zur Einrichtung des Entleihers die tatsächlichen Kosten oder 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer an und zwar für Hin- und Rückweg. Waren Sie über 8 Stunden von zu Hause abwesend, können Sie eine Verpflegungspauschale von 12 Euro pro Tag ansetzen. Das Finanzamt wird diese Werbungskosten nicht anerkennen. „Legen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch ein, beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens – wenn Sie nicht in Niedersachsen wohnen – und verweisen Sie auf den Musterprozess beim BFH“, rät Bernd Werner: „Bei der Steuererklärung insbesondere aber bei dem Einspruchsverfahren helfen Ihnen auch Lohnsteuerhilfevereine gerne weiter.“
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