Rentenerhöhung 2017 – Um 3,6 Prozent steigt die Rente ab Juli in den neuen Bundesländern. 1,9 Prozent sind es in den alten Ländern. Von der Rentenerhöhung profitiert auch die Finanzbehörde: „Im Veranlagungszeitraum 2017 könnte es durch die Rentenerhöhung zu Steuermehreinnahmen von bis zu 205 Millionen Euro kommen“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck.

Rentenerhoehung 2017

Rentenerhöhung 2017: Wieviel bleibt davon tatsächlich nach Steuern? Bild: WavebreakmediaMicro – fotolia.com

Was bringt die Rentenerhöhung 2017?

Grundsätzliche Kritik an der Rentenerhöhung äußert auch Uwe-Matthias Müller, geschäftsführender Vorstand vom Bundesverband Initiative 50Plus: „Das ist ein schönes Wahlgeschenk der Großen Koalition.

Wie viele davon wird es noch geben?“

Bernd Werner sagt: „Die bittere Pille ist, dass zahlreiche Rentner durch die Rentenerhöhung erstmals Steuern zahlen müssen.“ Welche Auswirkungen die Rentenerhöhung 2016 hatte, zeigte sich in der Praxis des Lohnsteuerhilfevereins: Einige Rentner mussten sogar das Doppelte an Steuern zahlen. 2016 war die Rente um 5,95 Prozent in den neuen und um 4,25 Prozent in den alten Ländern erhöht worden. „Da fragen sich viele: Warum wird die Rente erhöht, wenn der Staat mit der höheren Steuer, Kranken- und Pflegeversicherung sich das Geld wiederholt?“

Rentenerhöhung 2017: Wer jetzt Steuern zahlen muss

Grundlage für die Besteuerung der Rente ist das Alterseinkünftegesetz zum 01.01.2005. In der Broschüre „Besteuerung von Alterseinkünften“ schreibt das Bundesfinanzministerium:

„Mit diesem Gesetz wird die Besteuerung der verschiedenen Arten von Alterseinkünften schrittweise angeglichen. Insbesondere Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden in zunehmendem Maße bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigt und die für Pensionen zu gewährenden Freibeträge werden schrittweise abgebaut.“

Das Alterseinkünftegesetz stellt die Rentenbesteuerung Schritt für Schritt um auf eine nachgelagerte Besteuerung. Anders ausgedrückt: der zu versteuernde Rentenanteil steigt von Jahr zu Jahr an. Wer 2005 oder davor in Rente ging, der musste 50 Prozent seiner Rente versteuern. Bei Renteneintritt im Jahr 2017 sind es schon 74 Prozent.

Anders wird bei einer Rentenerhöhung gerechnet. Nachdem ein Jahr lang die volle Rente bezogen wurde, werden alle folgenden Rentensteigerungen zu 100 Prozent besteuert.

So wird gerechnet

Für das Beispiel nehmen wir einen Rentner, der nicht verheiratet ist und in einem der neuen Bundesländer lebt. Unser Beispiel-Ruheständler erhält seit dem 1.1.2017 Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Weitere Einkünfte hat er nicht.

Höchste Jahresbruttorente 2017, die noch steuerunbelastet bleibt

13.966 €

Monatsbruttorente 1. Halbjahr

1.143 €

Monatsbruttorente 2. Halbjahr (Rentenerhöhung 3,6 %)

1.184 €

Besteuerungsanteil

74 %

steuerfreier Teil der Rente

3.632 €

Zu versteuernder Anteil der Rente

10.334 €

abzüglich Werbungskostenpauschbetrag

102 €

Einkünfte

10.232 €

Sonderausgabenpauschbetrag

36 €

abzugsfähige Vorsorgeaufwendungen (gezahlte Kranken- und Pflegeversicherung)

1.376 €

zu versteuerndes Einkommen (entspricht dem Grundfreibetrag)

8.820 €

 

2017 liegt der Grundfreibetrag bei 8.820 Euro (Verheiratete 17.640 Euro). Unser Beispiel-Rentner erzielt an Einkünften jedoch 10.232 Euro. Weil die Einkünfte den Grundfreibetrag übersteigen, muss unser Rentner auf jeden Fall eine Steuererklärung einreichen. Jedoch bleibt seine Rente unversteuert. Denn nach Abzug der Pauschbeträge und Vorsorgeaufwendungen entspricht seine Rente genau dem Grundfreibetrag.

Aber: Schon mit der nächsten Rentenerhöhung muss der Ruheständler in unserem Beispiel Steuern zahlen. Die volle Besteuerung der Rentenerhöhungen wirkt sich deutlich aus. Das zeigt sich immer wieder in den Beratungsstellen des Lohnsteuerhilfevereins.

Die steuerlichen Nebenwirkungen der Rentenerhöhung 2017

Zur Veranschaulichung schließlich ein weiteres Beispiel: Eine Witwe, die in NRW lebt, erhielt 2005 die Jahresrente von 24.475 Euro. Seinerzeit musste sie 103 Euro Steuern zahlen. 2014 erzielte sie eine Gesamtjahresrente von 28.006 Euro. Dies ergab sich aus den Erhöhungen der vergangenen Jahre. Als sie ihre Steuererklärung im Jahr 2015 abgab berechnete der Fiskus 519 Euro. Die Steuerzahlungen hatten sich demzufolge gegenüber 2005 um 400 Prozent erhöht.

Verständlicher wird es, wenn man die steuerlichen Folgen der Rentenerhöhung 2016 nachrechnet: Ein Rentner in den neuen Bundesländern erhält seit dem 1.1.2015 Rente. Im Juni erhielt er eine monatliche Rente von 1500 Euro. Ab 1. Juli bekam er mit der Rentenerhöhung 2016 5,9 Prozent mehr (neue Bundesländer) oder monatlich 88,50 Euro. In 2016 summierte sich die Rentenerhöhung auf 531 Euro. In diesem Jahr wirkt sich die Rentenerhöhung, ohne die Rentenerhöhung 2017, mit 1.062 € aus. Das heißt: Die 531 Euro sowie die 1.062 Euro gehen zu 100 % in das zu versteuernde Einkommen ein.

Die Rentenerhöhung 2017 ist wie gewonnen so zerronnen

„Wie gewonnen, so zerronnen, denkt sich da mancher. Warum werden Rentenerhöhungen voll besteuert?“, fragt Bernd Werner. Uwe-Matthias Müller: „Unserer Ansicht nach wird daran deutlich, wie schwierig es schon heute ist, die gesetzliche Rente überhaupt noch zu finanzieren.“ Seiner Ansicht nach sei auch keine Verbesserung bei der gesetzlichen Rentenversicherung in Sicht: „Der demographische Wandel nimmt enorm an Fahrt auf. Wenn aber die geburtenstarken Jahrgänge in Rente sind, wer soll dann die Beiträge zahlen? Deshalb könnte es voraussichtlich um 2030 dazu kommen, dass entweder die Beiträge explodieren oder die gesetzliche Rentenversicherung implodiert.“

Die Veränderungen am Arbeitsmarkt könnten nach Ansicht des Bundesverband Initiative 50Plus wie auch der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer die Rentenversicherung zunehmend unter Druck setzen. „Die Beschäftigung befindet sich in einigen Branchen sogar auf Rekordniveau“, sagt Uwe-Matthias Müller: „Die Beschäftigungsquote darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gehälter immer öfter nicht reichen, zum Beispiel um eine Familie zu gründen.“ Bernd Werner: „Die Digitalisierung verändert auch zunehmend die Beschäftigungsverhältnisse. Die gut bezahlten Jobs werden immer weniger. Sollte die Entwicklung voranschreiten stellt sich nicht mehr nur die Frage, wer bezahlt die Rente, sondern auch, wovon soll sie bezahlt werden.“

Über

Der Bundesverband Initiative 50Plus ist die Lobby der Menschen der Generation 50Plus. Er vertritt derzeit – stellvertretend für eine Millionenzielgruppe in Deutschland – rund 120.000 Mitglieder. Der gemeinnützige Verband sieht es als seine Aufgabe an, für einen positiven Wandel des Altersbildes in Deutschland zu sorgen. Die drei Hauptaufgabenfelder des Bundesverband Initiative 50Plus sind dabei die Initiative gegen den Arbeitskräftemangel „Initiative Arbeit 50Plus“, die Umsetzung zielgruppengerechter Produkte und Dienstleistungen „Verbraucherempfehlung 50Plus“, sowie der Kampf gegen Altersarmut „Initiative Not-Hilfe 50Plus – Generationenhilfe“.

Die Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck, ist einer der führenden Lohnsteuerhilfevereine. Sie ist deutschlandweit aktiv mit rund 300 Beratungsstellen. 2016 wurden bundesweit über 50.000 Mitglieder steuerlich betreut. 1991 ist das Gründungsjahr des Lohnsteuerhilfevereins.

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