Vereinfachte Steuererklärung für Rentner: Was die Pilotprojekte der Finanzbehörde bringen. Kann man die Steuererklärung für Rentner vereinfachen? Aktuell geht die Finanzbehörde mit zwei Projekten dieser Frage nach. „Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften“ nennt das Bundesfinanzministerium den einen Versuch. Dabei wurde das Formular der Steuererklärung stark verkürzt. Seit Mai ist es in einigen Bundesländern verfügbar. Die Finanzbehörde in Mecklenburg-Vorpommern geht noch einen anderen Weg und wirbt: „Es geht auch ohne Steuererklärung“. Stichwort: Amtsveranlagung. Worauf sollten Rentner bei diesen Projekten achten?
Das Pilotprojekt vereinfachte Steuererklärung für Rentner
Ab wann muss ich als Rentner wieder Steuern zahlen? Das fragen sich viele Ruheständler. Die Verunsicherung ist groß. Nun reagiert die Finanzbehörde. Sind die Projekte die richtige Antwort auf die Verunsicherung unter den Ruheständlern? Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck, sagte im Nachrichtenportal ntv zu dem Pilotprojekt der Finanzbehörde:
“Natürlich ist das zu begrüßen, wenn sich die Finanzbehörde auf ihre Steuerzahler zu bewegt und sich verständlich machen möchte. Aber das Grundproblem liegt eigentlich an anderer Stelle.”
Bernd Werner weiter: „Aber das Grundproblem liegt eigentlich an anderer Stelle. Die Verunsicherung vieler Rentner gründet sich im wesentlichen darauf, dass jede Rentenerhöhung zu hundert Prozent in den zu versteuernden Rentenanteil einfließt. Da helfen auch keine Formulare, schon gar nicht die sogenannte Amtsveranlagung.“ Hier sei eigentlich der Gesetzgeber gefragt.
Die neue, vereinfachte Steuererklärung für Rentner
„Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften“ heißt das neue Steuerformular. Es ist auf zwei Seiten verkürzt. Die Erläuterungen zu den noch verbliebenen Feldern hat die Finanzverwaltung ebenfalls reduziert: auf zwei Seiten. Das Bundesfinanzministerium startete mit dem vereinfachten Formular ein Pilotprojekt. Seit 2019 können Rentner an dem Projekt teilnehmen, die in Bremen, Brandenburg, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern leben
Die Finanzbehörde bietet die reduzierte Steuererklärung für Rentner an, weil ihr zahlreiche Daten ohnehin vorliegen. Dazu zählen:
- die Rentenzahlungen; die Rentenversicherungsträger übertragen diese Daten ohnehin automatisch an das Finanzamt;
- Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung;
- Kapitalerträge: Haben Sie Ihrer Bank einen Freistellungsauftrag erteilt, dann teilt das Geldinstitut die Einkünfte automatisch dem Finanzamt mit.
Immerhin kann man in die verkürzte Steuererklärung auch Ausgaben eintragen. Dazu gehören unter anderem Krankheitskosten und weitere außergewöhnliche Belastungen, oder etwa haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Handwerkerleistungen.
Was die vereinfachte Steuererklärung für Rentner nicht bietet
„Die Formulare zur Steuererklärung auf das wesentliche zu reduzieren, ist sicher eine gute Idee“, sagt Bernd Werner. Auf der anderen Seite löse sie das Problem nicht. Die häufig gestellten Fragen zur Steuererklärung bleiben weiterhin bestehen. Dazu zählen unter anderem:
- Was sind haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen, was kann man absetzen und was nicht? Mehr dazu in den Steuernews des Lohnsteuerhilfevereins unter Haushaltsnahe Dienstleistungen absetzen – So können Sie Steuern sparen
- Welche Krankheitskosten zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen? Alle Informationen dazu in den Steuernews des Lohnsteuerhilfevereins unter Zumutbare Belastung wird jetzt stufenweise berechnet
Neben der verkürzten Steuererklärung wurden auch die Erläuterungen dazu stark “verdichtet”. So umfasst das Kapitel außergewöhnliche Belastungen in der herkömmlichen Steuererklärung allein schon zwei Seiten. “Reichen die verkürzten Erläuterungen aus in Anbetracht der Komplexität der Vorgänge?“, fragt Bernd Werner.
An dem Pilotprojekt Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften dürfen übrigens nicht alle Rentner teilnehmen. Dies trifft insbesondere auf Ruheständler zu, die
- Einkünfte aus Vermietung bzw. Verpachtung erzielen,
- die zum Beispiel Solarzellen betreiben und den Strom ins öffentliche Netz einspeisen oder Ruheständler,
- die noch einen Job haben (Ausnahme: Minijob).
Die vereinfachte Steuererklärung für Arbeitnehmer und die vereinfachte Steuererklärung für Rentner
Im Jahr 2006 hatte der Fiskus bereits eine vereinfachte Steuererklärung für Arbeitnehmer eingeführt. Diese umfasst, wie die vereinfachte Steuererklärung für Rentner, ebenfalls nur zwei Seiten. Nach Angaben des ARD Magazins Plusminus wird sie jedoch kaum genutzt. Nur 0,5 Prozent der in Frage kommenden Arbeitnehmer greift darauf zurück. Wird die Steuererklärung für Rentner dieses Schicksal womöglich teilen?
“Amtsveranlagung” statt vereinfachte Steuererklärung für Rentner
Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist einen ganz anderen Weg gegangen. Dort gibt es das Projekt “Amtsveranlagung”. Das heißt: Rentner müssen hier keine Steuererklärung abgeben, sie können vielmehr ein Formblatt der Finanzbehörde des Landes ausfüllen und unterzeichnen. Das Steuerportal der Behörde wirbt mit dem Slogan: „Es geht auch ohne Steuererklärung“.
„Das Verfahren birgt auch aus verfahrensrechtlichen Gründen erhebliche Risiken für den Steuerzahler“, sagt Bernd Werner. Der Deutsche Steuerberater Verband zum Beispiel stellt die Frage: Welche Rechtssicherheit bietet die Amtsveranlagung dem Steuerzahler? Trägt im Konfliktfall er die Schuld?
Die Finanzgerichte vertraten bislang stets die Auffassung, dass eine gültige Steuererklärung erst dann vorliegt, wenn auch die entsprechenden amtlichen Vordrucke verwendet werden.
Die Risiken bei vereinfachte Steuererklärung für Rentner
„Die Projekte des Bundesfinanzministeriums und des Landes Mecklenburg-Vorpommern suggerieren, es ginge auch einfach“, sagt Bernd Werner: „Das ist ein Trugschluss. Auch deshalb, weil Betroffene sich bei diesen Verfahren vollkommen auf das Finanzamt verlassen.“
Denn wer prüft hinterher den Steuerbescheid der Behörde?
„Auch Ämter können irren, deshalb gibt es ja das Einspruchsverfahren. Wir raten Rentnern, hier sehr umsichtig vorzugehen. Im Zweifel helfen die Lohnsteuerhilfevereine oder Steuerberater weiter.“
Lesen Sie mehr zum Thema vereinfachte Steuererklärung für Rentner in den Steuernews des Lohnsteuerhilfevereins:
Rentenerhöhung 2018 – 54.000 Rentner müssen jetzt Steuern zahlen
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