Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen – Verfassungsgericht hat entschieden – Was bedeutet das? Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:

  • Die Ausgaben für das Erststudium oder die erste Ausbildung kann man auch weiterhin nicht als Werbungskosten steuerlich geltend machen.
  • Die Kosten der Erstausbildung des ersten Studiums sind nur als Sonderausgaben absetzbar.
  • Das bedeutet für die meisten Studenten und Azubis, dass sie für die Ausbildung bzw. das Studium keine Steuervorteile bekommen.
  • Sonderausgaben kann nur geltend machen, wer auch so viel verdient hat, dass er Steuern zahlen musste.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat damit entschieden, dass der Unterschied im Einkommensteuergesetz zwischen erster und zweiter Ausbildung nicht verfassungswidrig ist. In der zweiten Ausbildung bzw. im Zweitstudium kann man die Ausbildungskosten als Werbungskosten absetzen.
Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen – Verfassungsgericht hat entschieden.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen. Bild: 995645 – Pixabay

Was haben die Verfassungsrichter entschieden: Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben entschieden: Die Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen (Az.: 2 BvL 22/14, 2 BvL 27/14, 2 BvL 26/14, 2 BvL 25/14, 2 BvL 24/14, 2 BvL 23/14). Denn die Ausgaben für Erststudium oder Erstausbildung kann man weiterhin nur als Sonderausgaben in die Steuererklärung eintragen. Die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 6 EstG) sei nicht verfassungswidrig. Im § 9 des Einkommensteuergesetzes heißt es zu Werbungskosten und Studium oder Ausbildung:

“Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.”

In der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes wird der Beschluss zu Werbungskosten in der Erstausbildung und Erststudium so begründet:

“Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind.”

Der Hintergrund zu Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen

„Selbstverständlich hätten wir uns einen anderen Beschluss nämlich zugunsten der Studierenden gewünscht“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck, zum Thema Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen. „Aber letztendlich macht das Verfassungsgericht nicht die Gesetze, sondern die Politik.“

„Bildungs- und Persönlichkeitsentwicklung als Privatsache zu behandeln, ist das noch zeitgemäß?“, fragt Bernd Werner. „Unserer Meinung nach liegt dem Einkommensteuergesetz hier eine antiquierte Auffassung zugrunde. Und da ist die Politik gefragt. Warum ist eigentlich die Persönlichkeitsentwicklung im Rahmen einer Erstausbildung nur beschränkt förderungswürdig? Darüber hinaus ist die Politik gefordert, Lösungen für den immer dramatischer werdenden Fachkräftemangel anzubieten. Der könnte darin bestehen, steuerliche Anreize zu bieten.“

Ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber das Einkommensteuergesetz modernisiert? „Leider ist davon zur Zeit eher nicht auszugehen,“ sagt Bernd Werner: „Letztlich könnte das womöglich auch Steuerausfälle im dreistelligen Millionen Bereich nach sich ziehen.“

Die Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen – Warum das so ist

Das Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 6 EstG) regelt die Absatzbarkeit der Ausbildungskosten. Demzufolge kann man als Student im ersten Studium oder als Auszubildender in der Erstausbildung die Kosten der Ausbildung nur als “Sonderausgaben” steuerlich geltend machen und nicht als “Werbungskosten”. Worin bestehen die Unterschiede? Der wichtigste Punkt: Sonderausgaben mindern nur dann die Steuern, wenn man auch Steuern gezahlt hat. Dazu muss man Einkünfte erzielen, die mindestens über den (steuerfreien) Grundfreibetrag hinausgehen. Dieser lag 2019 bei 9.168 Euro. Die meisten Studenten und Auszubildenden verfügen aber gar nicht über entsprechend hohe Einkünfte. Anders ausgedrückt: Die Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen.

Weitere wichtige Unterschiede zwischen Werbungskoste und Sonderausgaben:

  • Wer die Kosten von Erststudium oder Erstausbildung ansetzen möchte, der muss eine Höchstgrenze beachten. Hier kann man höchstens 6.000 Euro geltend machen. Dagegen kann man die Werbungskosten in voller Höhe in die Steuererklärung eintragen.
  • Werbungskosten kann man sozusagen für spätere Jahre “mitnehmen”. Hier ist ein sogenannter „Verlustvortrag“ möglich. Das heißt, die Werbungskosten mindern auch Jahre später noch die Steuern, und zwar dann, wenn man in das Berufsleben einsteigt und genug Geld verdient. Ganz anders die Sonderausgaben: Diese können ausschließlich in dem Jahr in die Einkommensteuererklärung eingetragen werden, in dem sie angefallen sind.

Bitte beachten: Damit die Werbungskosten auch später tatsächlich berücksichtigt werden, muss man während der Zweitausbildung jährlich eine Steuererklärung abgeben. Dort werden alle steuerlich relevanten Ausgaben eintragen. Das gilt für jedes Jahr, in dem man Kosten der zweiten Ausbildung des zweiten Studiums geltend machen möchte.

Thema: Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen – Was sind Sonderausgaben?

Der Paragraph 10 EStG regelt, welche Auslagen zu den Sonderausgaben zählen. Dazu gehören unter anderem:

  • Arbeitssachen oder Arbeitsmittel. Dazu kommen auch, wenn das für die Ausbildung oder das Studium erforderlich ist, die Kosten für Notebook, Computer oder Telefon;
  • Auslagen für die doppelte Haushaltsführung. Ist der Weg zur Ausbildungsstätte oder zur Universität zu weit, und hat man deshalb eine Wohnung vor Ort, dann kann man die Kosten für die doppelte Haushaltsführung von der Steuer absetzen.Voraussetzung dafür ist, dass man neben der Unterkunft am Ausbildungsort eine eigene Wohnung bzw. einen eigenen Haushalt am Heimatort unterhält;
  • die Fahrtkosten für den Weg zur Ausbildungsstätte oder zur Universität bzw. Hochschule;
  • Fahrtkosten zur Berufsschule: Hier können Auszubildende in der Erstausbildung jeden gefahrenen Kilometer geltend machen. Die Berufsschule gilt nämlich sozusagen als zweite Tätigkeitsstätte. Dauert der Berufsschultag länger als 8 Stunden, sind Sie also länger als 8 Stunden von der eigenen Wohnung abwesend, dann man auch noch eine Verpflegungspauschale von 12 Euro (ab 2020: 14 Euro) ansetzen;
  • weitere Fahrtkosten: Werden Sie außerhalb des Ausbildungsbetriebes bzw. der Hochschule eingesetzt, dann können Sie Fahrtkosten von 0,30 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ansetzen;
  • Verpflegungsaufwendungen bei einer Auswärtstätigkeit: Werden Sie auswärts eingesetzt, kann man unter Umständen auch die Verpflegungsmehraufwendungen in die Steuererklärung eintragen. Einschränkung: Den Verpflegungsmehraufwand gewährt das Finanzamt nur dann, wenn man an der der gleichen Einsatzstelle nicht länger als 3 Monate tätig ist;
  • die Beiträge zur Berufsorganisationen oder Gewerkschaften kann man ebenfalls steuerlich geltend machen;
  • auch Fortbildungskosten kann man in die Einkommensteuererklärung einsetzen.

Theoretisch könnte man also alle Ausbildungskosten auch absetzen. Das Problem nur: Steuerlich wirkt sich das bei den meisten Auszubildenden und Studenten nicht aus.

Die Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen, für die zweite aber schon – Wo ist der Unterschied?

Offensichtlich hat der Gesetzgeber bzw. die Politik derzeit eher kein Interesse daran, die Unterschiede zwischen Erst- und Zweitstudium bzw. zwischen Erst- und Zweitausbildung aufzulösen. 2015 hat er das noch einmal dokumentiert. In dem Jahr wurde das Einkommensteuergesetz geändert. Was ist eine Erstausbildung, dazu steht seitdem im Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 6 EStG):

“Eine Berufsausbildung als Erstausbildung nach Satz 1 liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird.“

Eine darauf folgenden Ausbildung bzw. ein darauf folgendes Studium gilt demzufolge als Zweitausbildung. Für diese kann man dann Werbungskosten geltend machen.

Übrigens: Durch die Änderungen im Jahr 2015 gelten sogenannte „Kurzausbildungen“ steuerrechtlich nicht mehr als Erstausbildung. Die Schulung für Flugbegleiter, der Taxischein oder die Ausbildung zum Rettungssanitäter werden vom Finanzamt folglich nicht mehr als Erstausbildung anerkannt.

Bernd Werner: „Wer aus der Erstausbildung ins Berufsleben einsteigt hat immerhin noch eine kleine Chance: Im ersten Berufsjahr machen sich die letzten Ausbildungsmonate in der Regel steuerlich bemerkbar.“

Lesen Sie hier mehr zum Thema, was ist eine was ist eine Zweitausbildung – Ausbildung steuerlich absetzen.

 

Kosten für das erste Studium kann man praktisch nicht von der Steuer absetzen – Verfassungsgericht hat entschieden ultima modifica: 2021-08-03T14:14:53+02:00 da Red. Lohnsteuerhilfeverein