Außergewöhnliche Belastung Behinderung – Behinderte können unter bestimmten Umständen höhere Fahrtkosten, also mehr als die üblichen nachgewiesenen 30 Cent pro Kilometer bei ihrer Steuererklärung ansetzen. Sie können darüber hinaus auch zum Beispiel den erforderlichen Umbau eines Fahrzeugs als „außergewöhnliche Belastung“ in die Steuererklärung einsetzen. Dies bestätigte jetzt nochmals das Finanzgericht Hessen (Az.: 6 K 2397/12). „Das ist ein verbraucherfreundliches Urteil, aber leider kein Durchbruch bei der Steuerentlastung für Menschen mit Behinderungen“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Zu viele Hürden müssen genommen werden. In dem konkreten Fall wurden die Umbaukosten dann doch nicht in voller Höhe anerkannt, weil der Kläger einen steuerrechtlichen Fehler gemacht hatte.“

Außergewöhnliche Belastung Behinderung

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Außergewöhnliche Belastung Behinderung – Was kann von der Steuer abgesetzt werden?

Behinderte Menschen können grundsätzlich Pauschbeträge in der Steuererklärung ansetzen. Dies regelt der Paragraph 33b des Einkommensteuergesetzes:

„Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können behinderte Menschen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).“

Alle übrigen behinderungsbedingten Aufwendungen wie u.a. Arztkosten und auch Fahrtkosten können daneben als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Grundsätzlich können daher behinderte Menschen bei Vorlage entsprechender Sachverhalte neben diesen Pauschbeträgen also auch Kraftfahrzeug-Kosten absetzen. Neben den Fahrten zu medizinischen Behandlungen und ähnlichem gibt es aber auch die Möglichkeit, in wesentlich größerem Umfang Kfz-Kosten geltend zu machen. Die wesentlichsten Voraussetzungen:

  • die Fahrtkosten dürfen bei Arbeitnehmern keine Werbungskosten und bei Selbständigen keine Betriebsausgaben sein; es können nur die üblichen Kilometerpauschbeträge von 0,30 Euro/km abgerechnet werden
  • die Art der Behinderung muss amtlich dokumentiert sein;
  • bei geh- und stehbehinderten Personen (GdB von mindestens 80% oder GdB von mindestens 70% und Merkzeichen G) wird aus Vereinfachungsgründen ein Aufwand für Fahrten bis zu 3.000 km im Jahr (= 900 Euro) als angemessen angesehen
  • bei außergewöhnlich gehbehinderten Personen (Merkzeichen aG), blinden (Merkzeichen Bl) und hilflosen (Merkzeichen H) Menschen wird aus Vereinfachungsgründen ein Aufwand für Fahrten bis zu 15.000 km (= 4.500 Euro) als angemessen angesehen; darin eingeschlossen sind auch Freizeit-, Erholungs- und Besuchsfahrten;
  • Diese Kosten können auch berücksichtigt werden, wenn sie nicht dem Behinderten selbst, sondern zum Beispiel bei behinderten Kindern den Eltern entstanden sind und der Behinderten-Pauschbetrag auf sie übertragen wurde.

Doch beim Thema außergewöhnliche Belastung Behinderung können auch darüber hinaus „ausnahmsweise“ weitere Kosten abgesetzt werden, so die Richter des Finanzgerichtes Hessen, wenn „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. In dem konkreten Fall war der berufstätige Kläger an Multipler Sklerose erkrankt. Weil er seit Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, kam noch eine fortgeschrittene Osteoporose hinzu. Im Streitjahr hatte der Mann einen Schwerbehindertenausweis mit den Merkzeichen G, aG, H und RF, und er war in die Pflegestufe III eingruppiert. Zudem konnte er zusätzlich ein ärztliches Attest vorlegen. Dies bescheinigte ihm, dass er während der Fahrt Erschütterungen nicht ausgesetzt werden dürfe, wie sie etwa bei einer Platzierung hinten im Fahrzeug, auf der Hinterachse entstehen. Der Kläger hatte sich diesen Anforderungen entsprechend einen Van angeschafft und umbauen lassen. In einer Kostenkalkulation errechnete er (ohne Umbaukosten) Betriebskosten von 0,7764 Euro pro Kilometer. Das Finanzamt hatte diese Kilometerkosten abgelehnt. Das Finanzgericht entschied nun, das es unter diesen Umständen angemessen sei, die höheren Fahrtkosten zu akzeptieren.

So kann im Rahmen von außergewöhnliche Belastung Behinderung auch zum Beispiel der Fahrzeugumbau abgesetzt werden

Den Umbau des Vans hätte der Kläger ebenfalls steuerlich geltend machen können. Das scheiterte in dem aktuellen Fall jedoch aus steuerrechtlichen Gründen. „Außergewöhnliche Belastungen müssen in voller Höhe in dem Jahr in die Steuererklärung eingetragen werden, in dem sie entstanden sind“, sagt Bernd Werner: „Man kann sie nicht auf mehrere Jahre aufteilen.“ Genau das hatte der Betroffene vorgenommen. Deshalb bleibt er nach dem Gerichtsbeschluss auf einem Teil seiner Kosten sitzen: Ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis – die Eltern eines blinden und hilflosen Kindes ließen den neuen PKW für fast 6.500 Euro umbauen und das FA akzeptierte diese Kosten als außergewöhnliche Belastung. Allerdings stimmte das FA dem Antrag der Steuerpflichtigen erst nach erfolgreichem Einspruch unserer Beratungsstelle zu. „Das zeigt, wie komplex es ist, die Ausgaben, die durch eine Behinderung entstehen, in vollem Umfang von der Steuer abzusetzen. Wer hier einen Lohnsteuerhilfeverein zu Rate zieht, oder einen Steuerberater, der ist gut beraten.“

Außergewöhnliche Belastung Behinderung – Krankheitskosten: Mehr zum Thema lesen Sie in den Steuernews der Lohnsteuerhilfe.

Außergewöhnliche Belastung Behinderung – Höhere Fahrtkosten oder auch der Umbau eines Fahrzeugs können abgesetzt werden ultima modifica: 2018-03-11T19:43:36+01:00 da Redaktion LSTHV