25 Prozent – das ist der Steuersatz auf Kapitalerträge. Doch ist dieser Steuersatz in Stein gemeißelt? Lohnt der Antrag auf „Günstigerprüfung“ überhaupt noch? Ist die Abgeltungssteuer quasi ein Beitrag zur Vereinfachung der Steuererklärung? „Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man das aktuelle Schreiben des Bundesfinanzministeriums *) liest“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Wir sind jedoch der Ansicht, dass auch für die Besteuerung der Kapitalerträge gilt, dass jeder Einzelfall genau geprüft werden muss. Wer hier pauschalen Ratschlägen folgt läuft Gefahr, dem Staat unfreiwillig Geld zu schenken.“

Auch beim Sparbuch und bei Festgeld gibt es Zinsen, allerdings immer weniger. Deshalb werden Aktien und Fonds immer beliebter. Kapitalerträge müssen versteuert werden. Der sogenannte „Sparerpauschbetrag“ liegt bei 801,00 € für Ledige bzw. bei 1.602,00 € für Verheiratete. Wer höhere Kapitalerträge erzielt, muss den über diese Grenze hinausgehenden Betrag versteuern. Neben der Abgeltungssteuer wird der Solidaritätszuschlag fällig, sowie gegebenenfalls die Kirchensteuer.

Die Abgeltungssteuer hat der Fiskus einheitlich festgelegt auf 25 %. Lässt sich dieser Steuersatz also zum Beispiel durch die Günstigerprüfung reduzieren?
Günstigerprüfung heißt: Bei diesem Verfahren werden die Kapitalerträge zum Gehalt addiert und nach dem Einkommensteuertarif besteuert.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat hierzu ein vereinfachtes Beispiel vorgerechnet (ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer):
Ein Steuerpflichtiger erzielt im Jahr 2015 – nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags – 5.000,00 € Kapitalerträge und 15.000,00 € Gehalt. Im ersten Fall werden die Kapitalerträge mit der Abgeltungssteuer besteuert: Auf die 15.000,00 € Jahresgehalt müssen nach Einkommensteuertarif 1.343,00 € Steuern gezahlt werden, auf die Kapitalerträge müssen 25 % Steuern entrichtet werden, also 1.250,00 €: zusammen 2.593,00 €.

Damit ist der Steuerpflichtige in dem Beispiel nicht zufrieden, er beantragt die „Günstigerprüfung“. Das Finanzamt addiert demzufolge Gehalt und Kapitalerträge. Auf die gesamten Einkünfte von 20.000,00 € entfallen nach Einkommensteuertarif 2.634,00 €.

Mit diesem Beispiel zeigt das BMF: Die „Günstigerprüfung“ geht zugunsten der Abgeltungssteuer aus, dadurch „spart“ der Steuerzahler 41,00 €. Hinweis: Bei der Günstigerprüfung wendet das Finanzamt das für den Steuerzahler jeweils günstigste Verfahren an. Wer die Günstigerprüfung beantragt muss demzufolge nicht damit rechnen, dass diese für ihn teuer werden könnte.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) macht darauf aufmerksam, dass bereits ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 15.721,00 € bzw. 31.442,00 € bei zusammenveranlagten Ehegatten ein (Grenz-) Steuersatz von 25 % erreicht wird.

„Anders als das BMF können wir jedenfalls eine Vereinfachung des Verfahrens durch die Abgeltungssteuer nicht erkennen. Wir sehen auch keinen Grund, pauschal auf den Antrag zur „Günstigerprüfung“ zu verzichten,“ sagt Bernd Werner. Zu viele Faktoren, die in dem Schreiben des BMF praktisch nicht oder kaum berücksichtigt seien, könnten eine Rolle spielen: „Um nur einen zu benennen: Der Sparerfreibetrag wurde bei verschiedenen Banken nicht richtig aufgeteilt.“

Auch sei das Thema „Werbungskosten“ noch nicht letztendlich entschieden. „Es steht beim Bundesfinanzhof noch ein Verfahren an, bei dem es darum geht, ob Zinsen für einen Kredit als Werbungskosten abgesetzt werden können *) “, sagt Bernd Werner.

*) „Anlage KAP und Günstigerprüfung“, Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 28.4.2015. ➝ Das Schreiben im Internet

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Günstigerprüfung – Kapitalertragssteuern ultima modifica: 2021-02-02T11:38:52+01:00 da Redaktion LSTHV