Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen können auch dann nicht in die Steuererklärung eingetragen werden, wenn sie durch Mietstreitigkeiten entstanden sind. Dies entschied das höchste Finanzgericht (BFH, Az.: VI R 5/13). Doch ausgestanden ist die Sache noch nicht: „Nun wird das Bundesverfassungsgericht den Fall entscheiden“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Wir sind gespannt, ob sich die Verfassungsrichter der Argumentation des Fiskus anschließen.“
Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen – Auch Mietstreitigkeiten können nicht abgesetzt werden
In dem aktuellen Fall ging es um eine sogar handfeste Auseinandersetzung zwischen einer Mieterin und ihrem Vermieter. Die Frau lebte in der Betriebswohnung ihres Arbeitgebers. Doch dieser verkaufte die Wohnung. Der neue Eigentümer kündigte das Mietverhältnis mit der Klägerin wegen Eigenbedarfs. Die Klägerin weigerte sich, die Wohnung zu verlassen, schließlich wurde sie zur Räumung verurteilt.
Sie selbst hatte unterdessen versucht, gegen den neuen Eigentümer zu klagen: wegen Vereitelung ihres Vorkaufsrechtes. Doch das Amtsgericht und zuletzt auch das Oberlandesgericht ließen die Klage nicht zu. Darüber hinaus beteiligte sich die Klägerin als Nebenklägerin in einem Strafverfahren gegen den neuen Wohnungseigentümer wegen Körperverletzung zu ihrem Nachteil. Nach der Räumung der Wohnung lebte die Frau für einige Zeit in einem Hotel. Insgesamt errechnete die Frau Belastungen in Höhe von gut 52.000 Euro, darunter auch Arztkosten, Kosten für die Hotelmiete, Lagerkosten vor allem aber Anwalts- und Gerichtskosten. Diese setzte sie als „außergewöhnliche Belastungen“ in die Steuererklärung ein. Das Finanzamt erkannte lediglich die Arztkosten (892 Euro) an. Diese wurden jedoch nicht wirksam, weil sie die Grenze der „zumutbaren Belastung“ nicht überschritten.
Warum kann man Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen auch bei Streitigkeiten mit dem Vermieter nicht absetzen?
„Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.“
Darüber hinaus urteilten die Richter: Das Wohnen könne zwar zum „existenziell notwendigen Bereich“ gehören. Eine bisher zur Miete genutzte Wohnung auch kaufen zu können – dies gehöre jedoch zu den existenziellen Wohnbedürfnissen. Ein Steuerpflichtiger laufe nicht deshalb Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren, weil er die bisher von ihm mietweise genutzte Wohnung nicht hat kaufen können. Die Richter gingen noch weiter: Auch der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger seine Wohnung räumen und herausgeben muss, führe nicht zwangsläufig dazu, dass der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berühre. „Seit 2013 ist es schwieriger geworden, Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen abzusetzen,“ sagt Bernd Werner: Seinerzeit hatte der Gesetzgeber den Paragraph 33 EStG verschärft. Seitdem werden Prozesskosten nur noch in seltenen Fällen anerkannt.
Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen – was man bei Mietstreitigkeiten tun kann
„Wer Mietstreitigkeiten vor Gericht austragen muss, der sollte die Prozesskosten in die Steuererklärung eintragen“, rät Bernd Werner. Das Finanzamt wird die Kosten ablehnen. „Dagegen muss man dann Einspruch einlegen, mit dem Verweis auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Oder man lässt das von seinem Lohnsteuerhilfeverein erledigen.“
Update 21.8.2017: Auch Ehescheidungskosten kann man nicht mehr von der Steuer absetzen.
Weitere Informationen hier, in den Steuernews der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V.:
Scheidungskosten nicht mehr absetzbar – Aktuelles BFH-Urteil