Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch – Sechs Prozent, so hoch sind die Zinsen, die der Fiskus jedem berechnet, der Steuern nachzahlen muss. Ist das zu viel? Das Finanzgericht Münster beschäftigt sich nun mit dieser Frage. „Wir raten jedem, der diesen Zinssatz zahlen musste, Einspruch einzulegen“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Klage Erfolg hat, auch deshalb, weil der Bund der Steuerzahler das Musterverfahren unterstützt.“

Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch

Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch – Bild: carballo – fotolia.com

Sind sechs Prozent Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch ?

Neues BFH-Urteil zu “Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch” (IX B 21/18)
Lesen Sie mehr unter

„Ein Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr ist in der derzeitigen Niedrigzinsphase einfach nicht zeitgemäß“, sagt Bernd Werner. Aktuell liegt beim Finanzgericht Münster die Klage eines Ehepaares aus Nordrhein-Westfalen vor. Ihnen geht es um die Steuerbescheide für die Jahre 2010 und 2011. Das Finanzamt benötigte für den Steuerbescheid 2011 mehr als zehn Monate – und setzte neben den nachzuzahlenden Steuern auch Zinsen von sechs Prozent pro Jahr fest. Die Bearbeitung der Steuererklärung 2010 wurde sogar erst im Januar 2016 abgeschlossen. „In beiden Fällen hatte das Ehepaar die verspätete Bearbeitung nicht verschuldet, und muss trotzdem die hohen Zinsen zahlen“, sagt Bernd Werner. Sein Rat: „Wer Zinsforderungen vom Finanzamt erhalten hat, der sollte nun reagieren.“

Was ist zu tun?

  • Betroffene müssen konkret gegen den Steuerbescheid Einspruch einlegen, der die Zinsfestsetzung enthält. (Die Einspruchsfrist darf natürlich noch nicht abgelaufen sein.)
  • Darüber hinaus muss in der Begründung auf das anhängige Musterverfahren beim Finanzgericht Münster verwiesen werden, außerdem auch auf das BFH-Verfahren mit dem Aktenzeichen „I R 77/15“.
  • Ferner muss das „Ruhen des Verfahrens“ beantragt werden.

„Sollte die Klage Erfolg haben, erhalten Betroffene, die Einspruch eingelegt haben, zu viel gezahlte Zinsen zurück“, sagt Bernd Werner: „Wer bei einem Lohnsteuerhilfeverein Mitglied ist oder sich von einem Steuerberater betreuen lässt, der muss sich praktisch um nichts kümmern.“

Der Zinssatz ist in der Abgabenordnung (AO) festgelegt und zwar im Paragraph 238 „Höhe und Berechnung der Zinsen“. Dort heißt es:

„Die Zinsen betragen für jeden Monat einhalb Prozent.“

Weitere Hintergründe zu Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch

  • Der Zinssatz von sechs Prozent pro Jahr gilt auch für den Fall der Steuererstattung – in diesen Fällen profitieren Steuerzahler von den hohen Zinsen;
  • Die Zinsen werden fällig, ganz gleich, wer die Verspätung verschuldet hat;
  • Wer Zinsen für seine Steuererstattung erhält, muss diese in der nächsten Steuererklärung versteuern;
  • Wer Zinsen für eine Nachzahlung zahlen muss, kann diese jedoch nicht steuerlich geltend machen. Gegen diese Ungleichbehandlung ist außerdem ein zusätzliches Verfahren anhängig und zwar beim Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 1711/15). Damit können Betroffene auch hier Einspruch gegen einen entsprechenden Steuerbescheid einlegen und sich auf das Verfahren beziehen.

Dass die Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch sind sorgt auch viele Rentner. Denn viele Ruheständler wissen nicht, ob sie jetzt, zum Beispiel durch die Rentenerhöhung steuerpflichtig geworden sind. Mehr dazu in den Steuernews unter wann muss ich als Rentner Steuern zahlen und wieviel

Zinsen auf Steuernachzahlung zu hoch ultima modifica: 2019-11-07T14:57:45+01:00 da Redaktion LSTHV