Zumutbare Belastung berechnen und zwar stufenweise – diese Neuberechnung der Zumutbarkeitsgrenze hatte der Bundesfinanzhof in einem höchstrichterlichen Urteil gefordert (Az.: VI R 75/14). Das Bundesfinanzministerium setzt diese Entscheidung jetzt “umgehend” um, so das Ministerium auf seiner Website. Betroffen sind Steuerzahler, die zum Beispiel Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht haben. Die Neuberechnung beginnt mit dem Steuerjahr 2012. „Damit können Betroffene mit einer deutlich höheren Steuererstattung rechnen“, sagt Bernd Werner, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Nach den Wahlen hätte das BMF womöglich mit dieser Entscheidung etwas gezaudert.“

BMF: Finanzämter sollen “umgehend” die zumutbare Belastung berechnen

zumutbare Belastung berechnen

Zumutbare Belastung berechnen: ab jetzt stufenweise.
Tabelle aus: https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html

Bei den „außergewöhnlichen Belastungen“, zu denen zum Beispiel auch Krankheitskosten zählen, gibt es umgangssprachlich ausgedrückt einen „Eigenanteil“. Im Steuerrecht heißt dieser „zumutbare Belastung“. Viele Steuerzahler sind an dieser Grenze gescheitert: Ihre Ausgaben wirkten sich bei der Steuererstattung nicht aus. Diese Grenze hat aber der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil heruntergesetzt. Die zumutbare Belastung muss nun stufenweise berechnet werden. Und das Bundesfinanzministerium hat jetzt die Finanzämter angewiesen, die stufenweise Berechnung “umgehend“ umzusetzen.

Stufenweise die zumutbare Belastung berechnen bringt deutlich höhere Erstattung

Wie wird die zumutbare Belastung denn nun berechnet? Ein Beispiel in Anlehnung an den vor dem BFH verhandelten Fall: Ein zusammen veranlagtes Ehepaar und Eltern von zwei Kindern erzielte Jahreseinkünfte von 51.835 Euro. In dem Jahr wurden Krankheitskosten in Höhe von 4148 Euro als außergewöhnliche Belastungen in die Steuererklärung eingetragen.

Will man stufenweise die zumutbare Belastung berechnen dann ergibt sich diese Rechnung: 2 % bis 15.340 € (306,80 Euro/Stufe 1), 3 % von 15.340 bis 51.130 € (1.073,70 Euro/Stufe 2) und 4 % für den Betrag der die Grenze von 51.130 Euro übersteigt (28,20 Euro/Stufe 3). Die zumutbare Belastung liegt nach der stufenweisen Berechnung bei 1.408,70 Euro. Der über diese Belastungsgrenze hinausgehende Betrag wird nicht besteuert, also 2.739 Euro. Das sind 664 Euro mehr als nach der alten Rechnung.

Die Einkommensstufen und die Prozentsätze, die sich aus dem Familienstand und der Zahl der Kinder ergeben, sind im Einkommensteuergesetz in der Tabelle in § 33 festgelegt.

Warum die Erstattung so hoch ausfällt, wenn man stufenweise die zumutbare Belastung berechnen muss

Betroffen von der neuen stufenweisen Berechnung sind die Steuerjahre ab 2012. Seitdem findet sich im Kleingedruckten der Steuerbescheide ein „Vorläufigkeitsvermerk“. Daraus folgt, dass Betroffene jetzt mit einer gesamten Erstattung rechnen können, wenn sie in all den Jahren auch entsprechende außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht haben. Erfolgt die Erstattung tatsächlich “auf einen Schlag”, dann können die Betroffenen sogar mit einer deutlich höheren Steuererstattung rechnen.

Wann mit der Erstattung zu rechnen ist, hängt von den Finanzämtern ab. Das Bundesfinanzministerium jedenfalls macht Druck und will so schnell wie möglich die zumutbare Belastung berechnen lassen. Das Ministerium empfiehlt auf seiner Internetseite sogar:

„Sollte die geänderte Berechnungsweise im Einzelfall noch nicht berücksichtigt worden sein, empfiehlt sich ggf. das Einlegen eines Einspruchs.“

„Dass der Fiskus hier im Zweifel sogar empfiehlt einen Einspruch gegen den eigenen Bescheid einzulegen, liest man sicher ebenfalls nur im Wahljahr“, sagt Bernd Werner.

Mehr zum Thema in den Steuernews der Lohnsteuerhilfe:

Außergewöhnliche Belastung Behinderung – Höhere Fahrtkosten oder auch der Umbau eines Fahrzeugs können abgesetzt werden

 

Zumutbare Belastung berechnen – BMF will die stufenweise Berechnung jetzt schnell umsetzen ultima modifica: 2017-12-01T07:27:39+01:00 da Redaktion LSTHV