Darf ein Stipendium, das monatlich mehr als 2700 € auszahlt, steuerfrei bleiben? Finanzamt und Finanzgericht verneinten diese Frage. Doch der Bundesfinanzhof (BFH) kam jetzt zu einer gegenteiligen Auffassung.

„Das Einkommensteuergesetz gibt hier – wie in so vielen anderen Fällen auch – keine eindeutige Antwort“, sagt Timo Bell, Vorstand der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e.V., Lohnsteuerhilfeverein, Sitz Gladbeck: „Wer also seinen Steuerbescheid und dort vor allem die Erläuterungen nicht richtig prüft, oder im Zweifelsfall keinen Einspruch einlegt, der verschenkt viel Geld, wie der vorliegende Fall zeigt.“

Die Klägerin war wissenschaftliche Mitarbeiterin einer Universität. Sie habilitierte sich dort. Ihre Bewerbung um das Stipendium eines Kollegs war erfolgreich. Für den Forschungsauftrag wurden ihr 2700 € monatlich gezahlt sowie eine Pauschale für Dienstreisen. Außerdem wohnte sie kostenfrei, eine geldwerter Vorteil von rund 650 €. Für die Dauer des Forschungsauftrages erhielt sie Sonderurlaub von ihrer Universität, das Gehalt wurde nicht fortgezahlt.

Dreh- und Angelpunkt war in dem Fall die Höhe des Stipendiums. Nach § 3 Nr. 44 Einkommensteuergesetz (EStG) ist eine Voraussetzung für die Steuerfreiheit, „dass die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen.“

Doch wie hoch darf der „erforderliche Lebensunterhalt“ sein? Auch die Richter des BFH wiesen darauf hin, dass das Gesetz selbst hier kaum Anhaltspunkte liefert. „Letztendlich ist das Ermessenssache“, sagt Timo Bell: „Der Sachbearbeiter beim Finanzamt, später auch das Finanzgericht kamen zu einer anderen Auffassung als jetzt der BFH.“

Die Richter des höchsten Finanzgerichtes argumentierten, dass bei der Bestimmung des „erforderlichen Lebensunterhalts“ das Alter der Stipendiaten, die akademische Vorbildung aber auch die konkrete soziale Situation zu berücksichtigen seien. Letztendlich orientierten sie sich an der Höhe des Gehaltes, dass die Wissenschaftlerin vor dem Stipendium verdient hatte. Da das Stipendium nicht über dieses Gehalt hinausging, entschieden die Richter auf Steuerfreiheit (Az.: VIII R 43/12).

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Stipendium: 2700 € monatlich steuerfrei ultima modifica: 2017-07-26T19:55:16+02:00 da Redaktion LSTHV